Sonntag, 16. April 2017

Ein fauler Gott





Das Buch "Ein fauler Gott" von Stephan Lose ist 336 Seiten lang und bei Suhrkamp erschienen.

Das Hardcover kommt in einer sehr guten Qualität mit schönen dicken Leseseiten und einem gesonderten Schutzumschlag. Unter dem Cover hätte ich nicht eine solche Geschichte vermutet, dennoch passt es wenn man sich näher mit dem Buch auseinander setzt. Ein einfaches, aber dennoch auffälliges Design.

Die Geschichte beginnt im Sommer 1972. Benjamin ist gerade einmal elf, als sein Bruder ganz plötzlich stirbt und das Leben von ihm und seiner Mutter Ruth auf den Kopf gestellt wird. Während Ben heranreift und seine ersten Erfahrungen macht und sich über Gott und die Welt Gedanken entfalten, kann Ruth den Tod von Jonas nicht verarbeiten.

Zitat: »Den eigenen Tod sterben wir, den Tod unserer Kinder müssen wir leben.«

Das Buch entführte mich in meine eigene Kindheit, was mir persönlich ein Lächeln, aber auch Tränen auf mein Gesicht zeichnete, denn es war eine so völlig andere Welt und Zeit, die mit der Heutigen im absoluten Kontrast steht. Viele können vielleicht diese Verbindung in der Geschichte nicht herstellen und die Emotionen und Bilder die mich daraufhin durchfluteten, aber allein die ganzen Details aus den 70ern und 80ern zogen mich bereits in ihren Bann und lösten tiefe Emotionen in mir aus. Die Geschichte konnte ich dann jedoch nur sehr langsam und in Stückchen lesen, da sie solch eine melancholische Stimmung verbreitete, dass ich das Gefühl hatte beim Lesen zu ersticken. Stephan Lose schreibt weder kitschig noch gefühlsduselig, aber so detailreich, dass man sich in die schlimme Situation der Familie absolut versetzen kann. Ich konnte durch Ruths und durch Bens Augen blicken und beide Seiten verstehen und wenn Ben nicht in der damaligen Zeit großgeworden wäre, wo man sich oft unter Freunden und bei deren Familien allein erzog, wäre er wirklich ganz arm dran gewesen und mit Sicherheit vereinsamt. Ruth schafft es einfach nicht die unendliche Trauer um Jonas loszulassen und während Ben heranreift und seine ersten Erfahrungen sammelt, wobei teilweise auch ziemlich ulkige Szenen auftauchen, die die Schwere des Buches leicht lockern, bleibt Ruth in sich selbst gefangen. Ben ist dabei einerseits sehr erwachsen, gefasst, ruhend und mit seinen Gedanken tief, jedoch auch gleichzeitig noch das kleine, altersgerechte Kind mit seltsamen Flausen und Ideen. Aber nicht nur die Beziehung zwischen Mutter und Sohn werden beleuchtet, sondern es geht auch um den Tod an sich, um die Frage was nach dem Tod geschieht, um Geburt, das Heranreifen, Trauer, Verarbeitung, um das entwickeln der eigenen Persönlichkeit, Sexualität, um Freundschaft, Familie, Familienprobleme, Fürsorge, Liebe und Mut. Die Geschichte ist tiefgehend, teilweise langatmig, aber dennoch triggerte sie mich auf ihre Weise so stark, dass ich immer wieder abbrechen und nachdenken musste. Teilweise war ich sogar schockiert.

Fazit: Eine Geschichte welche detailreich das Leben in den 70ern-80ern einfängt und sich mit dem ernsten Thema des Todes eines Kindes auseinandersetzt. Das Buch ist nicht kitschig und gefühlsduselig, erweckt durch die Details aber dennoch tiefe Emotionen. Es ist so melancholisch geschrieben, dass es einem die Luft zum Atmen raubt und oft zum Nachdenken anregt. Trotz einiger zäher Passagen, kann ich es absolut empfehlen.

2 Kommentare:

  1. Liebe Ramona

    Das ist eine sehr emotionale Besprechung von dir. Ein fauler Gott! Ich denke, der hat in dieser Geschichte mit Abwesenheit geglänzt.
    Der Schreibstil muss echt klasse sein, wenn es dich so berührt hat.

    Ganz liebe Grüße und einen schönen Ostermontag,
    Gisela

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  2. Ich fand den Schreibstil ganz toll, aber ich denke das nicht Jeder damit was anfangen kann, weil er sehr detailreich ist und die Emotionen aber nicht direkt beschreibt sondern eher dafür mit Situationen und Bildern arbeitet die Emotionen auslösen. Es ist schwer zu beschreiben. Ich glaub man mag es oder kann gar nicht damit anfangen.

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