Mittwoch, 6. April 2016

Das kalte Licht der fernen Sterne





Der Roman "Das kalte Licht der fernen Sterne" von Anna Galkina ist 192 Seiten lang und stammt von der Frankfurter Verlagsanstalt.

Im Roman geht es um Nastja, die nach 20 Jahren an den Ort ihrer Kindheit zurückkehrt, sich umblickt, wo einst ihr Elternhaus stand und sich an ihr Leben zurückerinnert. Wir erleben Russland nach der Sowjetunion, in einer kleinen Provinz bei Moskau. Die Ortschaft, das Land, die Menschen Atmosphäre und Stimmung werden festgehalten und in kleinen Geschichten widergegeben. Die Erzählungen beginnen in den 80ern und enden mit dem Umzug Nastjas.

Ich bin skeptisch an den Roman herangegangen, weil ich ein paar schlechte Rezensionen im Vorfeld gelesen hatte, die dieses Buch als "ekelhaft" beschimpften.

Dies hat sich absolut nicht bestätigt, im Gegenteil, ich bin absolut begeistert. Ich habe den Roman verschlungen und war traurig, dass er so schnell vorbei war.

Fast schon poetisch wird die Landschaft, die Orte und die Natur wie ein Foto eingefangen und widergegeben. Bei vielen der kleinen Kurzgeschichten musste ich grinsen, weil ich Vieles aus meinem kleinen Dorf indem ich in Deutschland geboren wurde, aus den 80ern auch noch kannte. Einige Parallelen fand ich auch zur damaligen DDR, wo mein Mann groß wurde und mir seine Kindheitsgeschichten erzählte und aus den gewaltätigen Schulerziehungsfomen, die meine Mutter noch erlebte.  Es hat sich angefühlt als würde ich eine Zeitreise von über 100 Jahren unternehmen in die Vergangenheit. Sind es tatsächlich erst 30 Jahre her? Wie stark hat sich die Welt, die Gesellschaft und die Normen verändert? Das war für mich ein absolut krasses Erlebnis. Ich hatte das Gefühl wieder in meinem kleinen Dorf zu sein und fühlte mich in meine Kindheit versetzt, hatte plötzlich sogar Gerüche von damals in der Nase und Geschmäcker auf der Zunge. Doch die Geschichten sind natürlich nicht nur zum Schmunzeln, sondern geben auch authentisch und ohne Beschönigung Armut und Gewalt wieder. Vorallendingen in Russland, welches dem Zerfall geweiht ist, wo die Gesellschaft implodiert und was die Perspektivlosigkeit der Menschen widerspiegelt. In einem Land im Umbruch, ohne wirkliche Autorität und Führung. Es war ein viel raueres und erbarmungsloses Leben, wo tatsächlich nur sehr starke Menschen groß werden. Das  mögen Viele in der Form nicht kennen und vielleicht denkt man an Übertreibung, aber ich stamme selbst aus einem solchen Milieu, wenn auch nicht aus Russland, so kann ich bestätigen, dass die Szenen doch authentisch und nicht übertrieben dargestellt werden. Zumindest nicht bei den Geschichten, die bei mir selbst auch alte Wunden erneut aufrissen und mich zum Grübeln brachten. Der Roman ist also nichts für schwache Nerven und ich rate labilen oder triggergefährdeten Menschen vom Lesen ab. Für jeden Anderen kann dieses Buch jedoch zu einer tollen Leseerfahrung werden.

Fazit:
Die Geschichten hallen noch lange nach und begleiten mich durch den Alltag. Allein deshalb, ist das Buch schon eine klare Kaufempfehlung meinerseits. Ich war gefangen zwischen Melancholie, Schönheit und Schmerz. Das war ein absolut krasses Leseerlebnis, was ich in dieser Form noch nicht hatte.

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